Christa Schneider | HS 2024
Christa Schneider ist Forscherin und Dozentin an der Universität Bern (Schweiz) mit Spezialisierung auf historische Soziolinguistik, Sprachgeschichte und Digital Humanities. Sie hat an der Universität Bern Linguistik studiert und dort auch ihren Ph.D. in Soziolinguistik erworben, wobei sich ihre Dissertation auf Dialektvariation im Berner Mittelland konzentrierte. Ihre Forschungsinteressen umfassen ein breites Spektrum sprachwissenschaftlicher und historischer Themen, darunter die frühneuzeitliche Geschichte der Schweiz und Großbritanniens/Schottlands mit einem besonderen Fokus auf sozialhistorische Analysen, Mehrsprachigkeit und Sprachwandel in der Schweiz, Litauen und den britischen Inseln.
In den letzten Jahren hat Schneider an zahlreichen interdisziplinären Projekten gearbeitet und dabei digitale Werkzeuge wie maschinelles Lernen und Natural Language Processing genutzt, um historische Texte zu analysieren. Ihre Expertise geht über die traditionelle Linguistik hinaus und verbindet digitale Methoden mit einem tiefen Verständnis historischer Dokumente und soziolinguistischer Variation. Derzeit arbeitet sie an ihrem zweiten Buch, das historische Soziolinguistik, Sprachgeschichte und historische Forschung zusammenführt, um den Sprachwandel und die Sprachvariation in der Schweiz umfassend zu beleuchten. Schneiders Arbeit zeichnet sich durch ihre innovative Verknüpfung linguistischer Analyse mit den Digital Humanities aus und leistet wichtige Beiträge zu beiden Disziplinen.
Forschungsprojekt
On Sociolinguistic Patterns in Premodern Witch Trial Papers
Dieses Forschungsprojekt zielt darauf ab, soziolinguistische Phänomene zu untersuchen, die durch die Analyse von Hexenprozessakten aus der Frühen Neuzeit in verschiedenen germanischen Sprachregionen, darunter die Schweiz, Schottland, England, möglicherweise Skandinavien und Österreich, offenbart werden. Das Projekt basiert auf einem multidisziplinären Ansatz, der Methoden der historischen Soziolinguistik, der Digital Humanities, der Sozial- und Rechtsgeschichte sowie der Sprachgeschichte kombiniert, um die sprachlichen, sozialen und kulturellen Kontexte dieser Prozesse zu erforschen. Die Archivierung von Hexenprozessakten bietet einen einzigartigen Einblick in die Vergangenheit und liefert wertvolle Informationen über die soziolinguistische Situation der damaligen Zeit. Die jüngste Digitalisierung und
Transkription von Teilen der Berner Turmbücher hat detaillierte Analysen der sprachlichen Situation im frühneuzeitlichen Bern ermöglicht und die wichtige Rolle der gesprochenen Sprache offenbart.
Das vorgeschlagene Ambizione-Projekt zielt darauf ab, die Erkenntnisse aus den Studien zu den Turmbüchern zu erweitern, indem ein mehrsprachiges Korpus von Hexenprozessakten erstellt wird. Mithilfe von Digital Humanities-Methoden sollen die Daten digitalisiert, transkribiert, annotiert und analysiert werden. Zu den zentralen Methodologien gehören dabei die Digitalisierung, Transkription, Annotation, Topic Modelling und Sentiment-Analyse. Aufgrund des interdisziplinären Charakters des
Projekts werden Theorien aus verschiedenen Bereichen herangezogen. Im Bereich der Sprachgeschichte liegt der Fokus auf Sprachkontakt, Sprachpolitik, Orthographie und Ideologien, wobei auf grundlegende Werke in gut entwickelten Regionen zurückgegriffen wird. Die historische Soziolinguistik bietet Einblicke in die sozialen Dimensionen des Sprachgebrauchs, während Methoden der Digital Humanities entscheidend für die Korpus-Erstellung und Datenanalyse sind. Schließlich wird der Rahmen der Sozial- und Rechtsgeschichte dazu beitragen, die Hexenprozesse im weiteren Kontext der gesellschaftlichen und rechtlichen Praktiken der damaligen Zeit zu verorten. Dieses ambitionierte Projekt hat zum Ziel, ein umfassendes Korpus zu schaffen, das den FAIR-Prinzipien entspricht, um weitere Forschung zu ermöglichen und neue Perspektiven auf die historische soziolinguistische Entwicklung Europas während der Frühen Neuzeit zu eröffnen.